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  Neue Bataillonsfahne entsteht im Kloster
 
Neue Bataillonsfahne entsteht im Kloster


Neuenbeken. Noch vier Monate gehen bis zum 425-jährigen Jubelfest des Neuenbekener Heimatschutzvereins ins Land. Die Vorbereitungen für die Festlichkeiten laufen seit Monaten. Hinter den Klostermauern des Neuenbekener Missionshauses haben die Paramentenstickerinnen edle Stoffe, Kordeln und Garne bereitgelegt und mit handwerklich geschickten Händen begonnen, die zum Jubiläum bestellte neue Bataillonsfahne des Traditionsvereins anzufertigen.

Oberst Martin Leßmann, Oberstleutnant Ferdinand Pöppe, Fähnrich Ferdinand Bruns sowie die Fahnenoffiziere  Wilhelm Voß und Michael Bölte nahmen jetzt die Gelegenheit war, den Stickerinnen über die Schulter zu schauen.

Oberst Leßmann: "Unsere jetzt 56 Jahre alte Bataillonsfahne hat nach mehreren Restaurationen in den letzten Jahren endgültig ausgedient. Nach den Kostenkalkulationen stand Ende 2006 fest, zum Jubiläum muss eine neue Fahne als Aushängeschild unseres Heimatschutzvereins her."

Die Diskussionen um das Erscheinungsbild der Fahne wurden seit dem intensiv unter Einbeziehung der Neuenbekener Schützen geführt. Nach der Vorstellung einiger Entwürfe setzte der Schützenvorstand im Februar 2007 einen gesonderten Info-Tag an, bei dem sämtliche Entwürfe in Augenschein genommen und bewertet werden konnten.

Leßmann: "Aus den Beratungen innerhalb des Vorstandes und der Argumentation der interessierten Schützen ist eine Kombination aus verschiedenen Entwürfen entstanden. Auch die alte Fahne hatte Einfluss auf das fertig gestellte Manuskript." So steht im Mittelpunkt der 141 mal 141 Zentimeter messenden Fahne das Dorfwappen und die Jahreszahlen 1583, als historisches Gründungsdatum des Schützenvereins Neuenbeken, und 2008, als Einweihungs- und Jubiläumsdatum.

"Ähnlich der alten Fahne wird auf der anderen Fahnenseite unsere Dorfpatronin Maria, aber in modernerer, fast abstrakter Form zu sehen sein. Dazu wird der Leitgedanke des Schützenwesens, Glaube, Sitte, Heimat aufgestickt", erklärt Fähnrich Ferdi Bruns.

Für den Schützenvorstand lag die Frage nach einer geeigneten Fahnenmanufaktur auf der Hand. "Wir haben eine Paramentenwerkstatt im Dorf, die schon unsere alte Fahne zu aller Zufriedenheit hergestellt und einen über unsere Region hinaus mehr als guten Ruf hat", erläutert Oberst Leßmann die Entscheidung, die Bataillonsfahne in der Paramentenstickerei des Neuenbekener Missionshauses in Auftrag zu geben.

Seit über 80 Jahren wird im Kloster an der Alte Amtsstraße das Kunsthandwerk der Paramentenherstellung und -restauration  betrieben. Schwester Augustine Ermrich leitet die Werkstatt mit vier echten Paramentenstickerinnen. 32 Frauen hat die 74-Jährige hier bereits in dem seltenen Kunsthandwerk ausgebildet, darunter auch die derzeit angestellten Frauen aus Neuenbeken und Umgebung.

"Wir arbeiten hauptsächlich für kirchliche Kunden, entwerfen und erstellen liturgische Textilien, wie Gewänder, Fahnen oder Kopfbedeckungen", erklärt Schwester Augustine. Darüber hinaus wird die Fingerfertigkeit der Stickerinnen immer häufiger zur Restauration alter Gewänder und Fahnen eingesetzt. Ein nicht geringer Teil der Aufträge stammt von Schützenvereinen aus der Region.

Schwester Augustine erinnert sich: "Die alte Fahne des Schützenverein Neuenbeken hat meine Vorgängerin in der Paramentenstickerei, Schwester Michael, die noch hier im Missionshaus wohnt, 1952 fertig gestellt und an den damaligen Schützenvorstand übergeben."

Für die neue Fahne haben die Stickerinnen etwa 200 Arbeitsstunden pro Fahneseite kalkuliert. Der Stoff muss für die filigrane Nadelarbeit fest in den großen Stickrahmen gespannt werden.

Schwester Augustine erklärt den Fahnenaufbau: "Als Sichtstoff der vierlagig gestalteten Fahne haben wir eine Schappeseide aus deutscher Herstellung gewählt. Die Applikationsstoffe, wie zum Beispiel für das Wappen, sind Gewebe aus Seide, Leinen und Baumwolle. Zum Sticken nutzen wir Twist- und Perlgarne, Kordeln zum Teil aus Kunstseide, sowie Goldschnüre. Diese so genannten Metallgespinste sind heute aus Materialien geschaffen, die nicht mehr anlaufen und ihren Glanz über viele Jahrzehnte hinweg erhalten."

Die Fachfrau für Paramentenstickerei wies die verantwortlichen Schützen auch auf den pfleglichen Umgang mit der wertvollen Fahne hin: "Der Fähnrich muss wissen, dass die Materialien durchaus regenfest sind. Aber gerade eine vierlagige Fahne muss nach Durchnässung ordentlich aufgehängt werden. Die Trocknung dauert wegen des dicken Stoffes längere Zeit. Eine dauernde Sonneneinstrahlung läst die Farben verblassen und das Gewebe schneller altern."

Ferdinand Bruns, der erst kürzlich bei der Bataillonsversammlung in seinem Amt bestätigte Fähnrich, hat für die Vereinsfahne einen dementsprechenden Platz in seinem Haus eingerichtet. Bruns: "Die Fahne ist für mich eine Ehre, die ich zu schätzen weis und für die ich gerne die volle Verantwortung übernommen habe."

Bis zum 21. Juni 2008, dem Tag, an dem die neue Fahne in der Schützenmesse zum 425sten Jubelfest geweiht wird, werden die fleißigen Hände der Stickerinnen noch viele hundert Meter Garn und Kordeln verarbeiten. Einer pünktlichen Übergabe steht jedoch nichts im Wege, so Schwester Augustine.

Jetzt zu Beginn der Fahnenstickerei kann nur eine Frau Hand anlegen, später werden vermutlich auch alle Stickerinnen gleichzeitig arbeiten, oder verschiedene Sticktechniken untereinander verteilen.

Martin Leßmann: "Wir sind gespannt auf unsere neue Fahne. Noch kann man das fertige Werk erst erahnen, aber ich bin sicher, dass unser neues "Aushängeschild" die Neuenbekener Schützen würdig repräsentieren wird."

Über 20 Einsätze muss die Neuenbekener Fahnenabteilung durchschnittlich pro Jahr ableisten. Bis zur Fertigstellung wird Ferdinand Bruns noch bei fast zehn offiziellen Veranstaltungen, darunter Jubelfeste befreundeter Schützenvereine, sowie beim Kaiserschießen und dem Jubelvogelschießen in Neuenbeken, die alte Fahne des Heimatschutzvereins Neuenbeken präsentieren. Ein Ehrenplatz ist ihr danach gewiss. Text und Foto: Michael Biermann

Erklärungen:

Paramente (von lat. parare mensam = den Tisch bereiten), sind die im Kirchenraum und in der Liturgie verwendeten Textilien. In der Römisch-Katholischen und Orthodoxen Kirche werden fast ausschließlich die liturgischen Gewänder als Paramente bezeichnet. Diese sind oft aufwändig und künstlerisch gestaltet.

Schappeseide wird aus den mittleren Faserlängen des Seidenkokons bis 15 cm gewonnen. Sie unterscheidet sich von der feineren und glänzenderen Haspelseide durch eine mattere und weichere Erscheinung.

Foto: Bei der Stickerei über die Schulter geschaut: Schwester Augustine, Leiterin der Paramentenstickerei im Missionshaus Neuenbeken, stickt an der neuen Bataillonsfahne. Von der Fahnenmitte aus werden die Arbeitsbereiche auf dem Stickrahmen je nach Fortschritt um 20 cm zu beiden Seiten erweitert, (v.l.): Oberstleutnant Ferdinand Pöppe, Fähnrich Ferdinand Bruns, Oberst Martin Leßmann, Fahnenoffiziere Michael Bölte und Wilhelm Voß mit dem Entwurf der eingespannten Fahnenseite.                    

 
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